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Chartres ist eine Kleinstadt mit 40.000 Einwohnern, die am Fluß Eure im Nordwesten Frankreichs 95 km südwestlich von Paris liegt. Die Stadt ist Hauptort des Départements Eure-et-Loir in der Region Zentrum-Loiretal.
In vorrömischer Zeit war Chartres die Hauptstadt der Bevölkerung der Carnuti und Zentrum des Druidenkults. In römischer Zeit war Chartres eine bedeutende Stadt unter dem Namen Autricum mit Aquädukt, Amphitheater, Forum und zahlreichen Tempeln. Im Mittelalter entwickelte sich die Stadt dank des Reichtums und der Stärke der örtlichen kirchlichen Einrichtungen beachtlich. Im X. Jahrhundert wurde sie Hauptstadt einer Grafschaft. Der wirtschaftliche Wohlstand im XII. und XIII. Jahrhundert ist bezeugt durch Kirchen, die hier gebaut wurden, darunter die wunderbare Kathedrale. Der Wohlstand der Stadt erlitt während des Hundertjährigen Krieges einen schweren Schlag (1337-1453). 1528 wurde Chartres von Franz I. in den Rang eines Herzogtums erhoben.
DIE TOURISTENATTRAKTIONEN: WAS KANN MAN IN CHARTRES BESUCHEN?
Chartres ist eine an Kunstschätzen reiche Stadt. Unter diesen ist das berühmteste Denkmal die Cathédrale Notre Dame de Chartres. Sie verkörpert die höchste Stufe der in Frankreich erreichten Kunst der Gotik. 1979 hat die UNESCO die Kathedrale von Chartres in die Liste des Weltkulturgutes der Menschheit aufgenommen.
DIE GOTISCHE KATHEDRALE
Die Kirche war das Werk des Bischofs Fulbert und wurde ab 1145 gebaut. Anfänglich wurde sie im romanischen Stil gebaut. Aber nach dem Brand von 1194, die die alte Kirche fast vollständig zerstörte, wurde sie wieder aufgebaut. 1220 wurde mit dem Wiederaufbau der Kirchenschiffe begonnen, die Kennzeichen aufweisen, die sie zum ersten Beispiel des vollendeten Stils der Gotik machen. Die Kathedrale wurde am 24. Oktober 1260 eingeweiht. 1513 wurde dem Nordturm eine durchbohrte Turmspitze im gotischen Flamboyant-Stil hinzugefügt, genannt Clocher Neuf.
Die Westfassade, genannt Königliches Portal, mit der dreiteiligen Struktur, die von zwei Türmen flankiert wird, und eine Rosette des XIII. Jahrhunderts ist das, was von dem Bauwerk des XI. Jahrhunderts übrig geblieben ist. Sie ist bedeutsam durch eine Reihe von Skulpturen aus der Mitte des XII. Jahrhunderts. Unter den beiden Türmen ist der Südturm mit einer gotischen Plattform, die von einer einfachen Turmspitze überragt wird, ausgesattet, während der Nordturm, der zu einem späteren Zeitpunkt gebaut wurde, über eine komplexere Architektur verfügt.
SKULPTUREN UND PORTALE
Bemerkenswert sind die drei Portale: Das Hauptportal oder Westportal, auch „Portail Royal“ genannt (1145-1170), enthält ein großartiges Relief von Jesus Christus, dem Ruhmreichen. Das Südportal, auch „Portail de l’Église“ genannt (1220-1230), besitzt Darstellungen aus dem Neuen Testament zum Jüngsten Gericht. Das Nordportal, auch „Portail de l’Alliance“ genannt (1220-1230), ist dem Alten Testament und der Ankunft Christi gewidmet und ist berühmt für die Skulptur-Gruppe zur Schöpfungsgeschichte.
Der Komplex der Skulpturen der Kathedrale vertritt die organischte Gesamtheit der französischen gotischen Bildhauerkunst zwischen der Mitte des 12. und der Mitte des 13. Jahrhunderts. Die Kathedrale mißt 130,20 m in der Länge und zwischen 32 und 46 m in der Breite. Das Innere der Kathedrale besitzt ein weites Schiff im Spitzbogenstil, das sich durch Harmonie und Eleganz in den Proportionen auszeichnet. Das Schiff erreicht eine Höhe von 37,50 m und besitzt eine Breite von 16,40 m.
BUNTGLASFENSTER.
Im Inneren der Kathedrale von Chartres gibt es 176 herrliche Buntglasfenster (2.600 Quadratmeter), die die Bibel und das Leben der Heiligen erläutern, die den schönsten Komplex der im Mittelalter geschaffenen Art bilden. Die ältesten Buntglasfenster sind die großen Westfenster aus der zweiten Hälfte des XII. Jahrhunderts, während die Buntglasfenster des Hauptschiffes, der Seitenschiffe, des Wandelganges, des Kreuzgewölbes und der beiden Rosetten des Querschiffs aus dem XIII. Jahrhundert stammen. Ein Meisterwerk ist auch der Chorbereich, eine Arbeit von Jean de Texier aus dem XVI. Jahrhundert, die in 200 Statuen die Geschichte der Jungfrau Maria darstellt. In der Kapelle Vendôme befindet sich der berühmte „Schleier der Jungfrau“ (Le Voile de la Vierge). Nach der Überlieferung ist er der Mantel, den die Madonna zum Zeitpunkt der Verkündigung getragen hat.
EIN INTERESSANTES HISTORISCHES ZENTRUM
Über die berühmte Kathedrale hinaus ist die Stadt Chartres ein interessantes Städtchen mit engen und gewundenen Gassen, das reich an weiteren Kunstschätzen ist, darunter sind einige romanische und gotische Kirchen aus dem XI. bis XIII. Jahrhundert. Der älteste Kern der Stadt bewahrt typische Häuser aus Mauerwerk und Holz und zeigt am Place de la Poissonnerie das Haus des Lachses (Maison du Saumon) mit Holzschnitzarbeiten aus dem XVI. Jahrhundert. In der rue des Ecuyers befinden sich zahlreiche Häuser aus Holz. An einem der Häuser läuft der „Escalier de la Reine Berthe“ aus dem XVI. Jahrhundert entlang. Das Haus Nummer 29 der rue Chantault ist das älteste Haus von Chartres, das aus dem XII. Jahrhundert stammt.
DIE STRASSEN, DIE AUS FREITREPPEN BESTEHEN
Typisch sind die „tertres“, Straßen, die aus Stufen bestehen, die zum unteren Teil der Stadt am Fluß Eure führen. Hier befindet sich ein Fußweg am Ufer des Flusses, von wo aus man alte Brücken und Wassermühlen sehen kann und schöne Blicke auf die Oberstadt werfen kann. Paläste des XVII. und XVIII. Jahrhunderts befinden sich in der Stadterweiterung der Barockzeit.
Unter den anderen Kirchen der Stadt ist die von Saint-Pierre bemerkenswert, eine ehemalige Abtei, die ein Meisterwerk der Kunst aus der Zeit der Gotik ist. Sehr schön sind ihre Buntglasfenster aus dem XIV. Jahrhundert. Ihre Erbauung geht auf das XI. bis XIV. Jahrhundert zurück. Von großer Bedeutung ist auch die Kirche Saint-Aignan aus der Übergangszeit von der Gotik zur Renaissance (XVI. Jahrhundert) mit besonders schönen Buntglasfenstern aus dem XVI. und XVII. Jahrhundert in malerischer Lage am Fluß Eure. Schließlich sind unter den Sakralbauten noch die Stiftskirche Saint-André aus dem XII. Jahrhundert zu nennen, heute eine Ausstellungshalle. Ein seltsamer Bau ist die sogenannte „Maison Picassiette“ des XX. Jahrhunderts, ein Gebäude im Stil des Art naīf.
DIE MUSEEN VON CHARTRES
Das Internationale Zentrum für bunte Kirchenfenster (Centre International du Vitrail) ist ein Laboratorium-Museum und ein Kulturzentrum, das der Kunst des Buntglases gewidmet ist, mit einer Sektion über die Buntglasfenster der Kathedrale von Chartres. Das Musée des Beaux-Arts befindet sich im ehemaligen Bischofspalast. Es besitzt eine reichhaltige Sammlung von Kunstwerken, darunter Arbeiten von Zurbaran, Chardin, Vlaminck und Soutine. Außerdem gibt es eine Sammlung von Cembali des XVII. und XVIII. Jahrhunderts und einen umfangreichen Bestand von Exponaten, die von den Pazifischen Inseln stammen (Neukaledonien, Neue Hebriden/Vanuatu, Wallis und Futuna und Französisch-Polynesien).
Das Museum der Archäologie (Maison de l’Archéologie) ist ein Museum, das Gegenstände, die in den letzten 30 Jahren bei Ausgrabungen im Bereich von Chartres gefunden wurden, enthält. Das Musée des Sciences Naturelles et de Préhistoire stellt zoologische, botanische und geologische Sammlungen und solche der Vorgeschichte aus. Der Grenier de l’Histoire ist ein historisches Museum, das sich auf Militäruniformen, Dokumente, Waffen und Zubehör spezialisiert hat. Schließlich ist das Conservatoire de l’Agriculture – Le COMPA ein Museum, das sich der Landwirtschaft widmet.
Deutsche Textkorrektur von Dietrich Köster.
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